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Meine Mutter, mein Vater, ich

Ich mag wohl 3 Jahre alt sein, vielleicht 4. Ich bin Nachts aufgewacht und liege in meinem roten Eisenbett mit den geschwungenen Stäben und den geschnörkelten Engelsköpfen an den Seitenteilen und habe Angst. Unter dem Bett wohnt das Männlein Mittentzwei, ein böser Zauberer, der den Kindern das Spielzeug aus den Händen unter die Füße bläst und der seinen Garten mit den Tränen gießt, die sie dann weinen, weil sie es zertreten haben. Mit wachen Augen versuche ich die Dunkelheit zu durchdringen. Alle Gegenstände, die in meinem Zimmer stehen, sehen plötzlich anders aus, haben die Farbe verloren und bestehen nur noch aus Schwarz. Hinter dem Kopfteil des Bettes das Fenster, durch die zugezogenen Vorhänge nur ein schwacher Schein der Straßenlaterne vor dem Haus. Ich zucke zusammen, denn der Weichholzschrank gibt unvermutet ein trockenes, lautes Knacksen in die Dunkelheit ab, das Holz "arbeitet", wie mir meine Mutter unlängst erklärt hat. Ich glaube nicht, dass das Holz arbeiten kann. Ich glaube an das Männlein Mittentzwei und an den Mann mit dem riesigen Feuermal im Gesicht, der bei uns in der Nachbarschaft wohnt, niemals lacht und alle Kinder mit seinem Aussehen erschrickt.

Mein Zeigefinger streicht die Eisenstäbe entlang, geht in die Biegung, verfolgt die Linie bis in den Schnörkel hinein, kommt am Ende an und streicht den gleichen Weg wieder zurück, immer wieder. Oft bin ich darüber müde geworden und eingeschlafen. Heute ist die Angst zu groß, wahrscheinlich ist ein schlimmer Traum im Spiel. Längst schon habe ich zu Weinen angefangen und zwischen das Schluchzen ein paar leise Mamarufe gepackt. Es kommt niemand. Mittlerweile bin ich mir auch sicher, durch das Weinen das Männlein unter meinem Bett geweckt zu haben und meine Angst wird immer größer, ich steigere mich in eine Art Hysterie hinein. Die fragenden Mamarufe haben sich längst in fordernde Schreie verwandelt. Vielleicht habe ich nur zu leise geschrien? Vielleicht kann ich doch noch lauter? Ich schreie aus vollstem Hals nach meiner Mutter, ich werde schreien, bis ich heiser bin und vor Angst ins Bett gepinkelt habe. Mein Gesicht ins nasse Kissen gedrückt und nass zwischen den Beinen werde ich mich irgendwann in den Schlaf geweint haben.

Meine Eltern schliefen, wenn sie nicht gerade ausgegangen waren und mich alleine zu Hause gelassen hatten, zwei Stockwerke über mir in einer Dachkammer am anderen Ende des Hauses, unerreichbar für jeden Ruf.

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